Weberei F. A. Kreißig & Sohn - page 46

Frau Margarete, meine Tochter Christa Weber, ihr Ehemann Heinrich
Weber und mein Sohn Klaus in strengem Hausarrest gehalten, der bis zum
27. März dauerte. Während dieser Tage wurde eine gründliche
Haussuchung und eine genaue Bestandsaufnahme vorgenommen. Nach
Mitteilung aus Lichtenstein hat man gegen mich Haftbefehl erlassen und
fahndet nach mir, weil ich ohne Genehmigung und ohne die Forderung bei
der Notenbank in der DDR anzumelden, Wertpapiere nach dem Westen
verschoben hätte, und weil ich im Jahre 1945/46 eine Forderung der Firma
an den Westen in Höhe von 14.000,00 M im Westen belassen habe. Die
Unterlagen darüber hat man in meiner Wohnung gefunden. Nach
Mitteilungen meiner Angehörigen, die auch meine anderen hier
gemachten Angaben erhärten, erwartet man in diesen Tagen eine weitere
große Betriebskontrolle, bei der man beliebig viel Material gegen mich und
meine Firma willkürlich konstruieren kann. Siehe die großen Glauchau-
Meeraner Textilprozesse und andere!
Ich habe also keine Möglichkeit mehr in die Zone zurückzukehren und
werde auch von unserem Rechtsanwalt, Dr. Funke, der die Entlassung
meines Bruders und des Herrn Loewel betreibt, dringend ersucht, nicht
zurückzukehren. Selbst meine Geschwister und meine Frau, deren
wirtschaftliche Existenz mit auf dem Spiel steht, raten mir von einer
Rückkehr ab.
Ich kann es mir auch mit Rücksicht auf meine engen Bindungen zur „ev.-
luth. Landeskirche Sachsens“, in der ich sowohl Synodaler als auch Mitglied
der Kirchenleitung bin, nicht leisten, dass man mit mir einen Schauprozess
veranstaltet. Diese Beziehungen haben mir schon lange die Überwachung
durch die SED und andere Stellen eingebracht.
Daneben verübelt man mir, dass sich mein Sohn Klaus seit Ostern 1950 auf
der v. Bodelschwinghschen Aufbauschule in Bethel bei Bielefeld im Westen
befindet, nachdem man ihn als Sohn eines Fabrikanten auf der
heimatlichen Oberschule nicht aufnahm.
Da meine Tochter einen Herrn aus der Bundesrepublik geheiratet hat,
bestehen auch dadurch viel zu enge Beziehungen zum Westen, die mir ein
weiteres selbständiges Arbeiten im Osten nicht gestatten.
Ich habe keine Möglichkeit mehr nach Hause zurückzukehren, bin vielmehr
gezwungen, mein Lebenswerk, eine gut fundierte Weberei und einen
ansehnlichen persönlichen Haus- und Grundbesitz im Stich zu lassen, nur
um meine persönliche Freiheit zu behalten. Im Herbst 1945 war ich schon
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